Von Gastautorin Michaela Zajonskowski (Koreanologie-Studentin der Universität Wien)
(Warnung: Die Kritik enthält einige Spoiler, das Ende des Films wird jedoch nicht verraten)

Filmplakat von „Peninsula“. Quelle: https://www.moviebreak.de/stories/18336/entkomme-der-apokalypse-neue-poster-zu-peninsula-erschienen
Nach dem Erfolg von Train To Busan (부산행) aus dem Jahr 2016, meldet sich Regisseur Yeon Sang Ho nun mit seinem zweiten Live-Action Film Train To Busan Presents: Peninsula (반도), einer eigenständigen Fortsetzung zu Train To Busan, zurück.
Vom Animations- zum Live-Actionfilm
Bis zum Jahr 2016 drehte Yeon vorwiegend animierte Kurz- und Spielfilme, ehe er 2016 seinen ersten Live-Action Film Train To Busan veröffentlichte. Der Zombiefilm, in dem ein Vater mit seiner Tochter auf dem Weg nach Busan ums Überleben kämpft, während sich in Südkorea ein Zombievirus verbreitet, war nicht nur in Südkorea ein großer Erfolg, sondern spielte auch weltweit Millionen an den Kinokassen ein.
Im selben Jahr wurde auch ein weiterer Animationsfilm von Yeon, Seoul Station, veröffentlich, der als Prequel zu Train To Busan dient und zeigt, wie das Zombievirus in Südkorea ausbricht. Seoul Station bildet also die Grundlage für das Universum, in dem sich auch die Handlungen von Train To Busan und Peninsula abspielen.
Nach dem weltweiten Erfolg von Train to Busan, waren die Erwartungen an Peninsula hoch und trotz der widrigen Umstände, die der Corona Pandemie geschuldet sind, kam der Film am 15. Juli in die südkoreanischen Kinos. Wie im Interview mit dem Hollywood Reporter erwähnt, entschied sich das Team rund um Regisseur Yeon, trotz der weltweiten Beschränkungen im Bereich des Kinos, den Film doch zum geplanten Termin im Juli zu veröffentlichen, da die monatelange Arbeit bezüglich Marketings nicht aufgegeben werden wollte.
Peninsula – Geschichte der Überlebenden

Quelle: Splendid Film GmbH
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei Peninsula um eine eigenständige Fortsetzung zu Train To Busan. Der Film spielt im selben Universum, jedoch lernen wir völlig neue Charaktere kennen und auch die Handlung des Films unterscheidet sich erheblich von der des Vorgängers.
Während sich Train To Busan mit dem Ausbruch eines Zombievirus beschäftigt und die Geschichte eines Vaters erzählt, der mit seiner Tochter in einem Zug ums Überleben kämpft, finden sich die Protagonisten von Peninsula in einer Art postapokalyptischem Südkorea (genauer in der Hafenstadt Incheon) wieder. Die Stadt, und vermutlich der Rest Südkoreas, sind verwüstet und Überlebende haben sich an unterschiedlichen Orten zusammengefunden und versuchen auf ihre Weise zurechtzukommen.
Der Film beginnt jedoch mit der Flucht von Marinekapitän Jung Seok (Kang Dong Won), der mit seiner Schwester, deren Mann und Sohn auf dem Weg zu einem Schiff ist, das sie von Südkorea nach Hongkong bringen soll. Hier überschneidet sich die Handlung im Prinzip mit Train To Busan, da es sich hier um die Fluchtphase handelt, die im Vorgängerfilm beschrieben wird. Auf dem Weg zum Schiff ignoriert Jung Seok das Flehen einer jungen Mutter, die ihn bittet, sie und ihre Familie mitzunehmen, und fährt einfach weiter.
Auf dem Schiff befindet sich jedoch eine infizierte Person, was dazu führt, dass in der Kabine, in der sich auch Jung Seok mit seiner Familie aufhält, Chaos ausbricht und Jung Seoks Schwester und sein Neffe dem Virus zum Opfer fallen. Jung Seok und sein Schwager Chul Min sind zum Zeitpunkt des Ausbruchs nicht in der Kabine und kommen so mit dem Leben davon.

Quelle: Splendid Film GmbH
Vier Jahre später machen sich Jung Seok und sein Bruder mit zwei weiteren Südkoreanern auf den Weg von Hongkong zurück nach Incheon, um dort für eine Gang einen Truck zurückzuholen, in dem sich Taschen mit insgesamt $20 Millionen (17 Millionen Euro) befinden.
Nachdem sie den Truck gefunden haben, müssen sie gegen einen Mob von Zombies kämpfen. Sie können den Zombies zwar entkommen, werden aber von einer Gruppe der Milizeinheit 631 aufgespürt. Während Jung Seok aus dem Truck geschleift wird und Chul Min sich im Inneren des Trucks versteckt, sind die anderen beiden weniger glücklich und werden getötet.
Jung Seok wird von den zwei Schwestern Joon und Yu Jin gerettet, die ihn zu ihrem Versteck bringen, wo sie mit ihrer Mutter und ihrem Großvater leben. Dort erkennt Jung Seok, dass es sich bei der Mutter der Kinder, Min Jung, um die Frau handelt, der er vier Jahre zuvor die Mitfahrt verwehrt hatte.
Chul Min wird, nach Ankunft im Camp der Miliz, von Hwang im Truck gefunden und als Gefangener genommen, während Kapitän Seo und Kim die Taschen mit dem Geld finden und einen Plan schmieden von der koreanischen Halbinsel zu flüchten. Währenddessen schmiedet auch Min Jung einen Fluchtplan, nachdem sie von Jung Seok erfährt, dass im Hafen von Incheon ein Schiff auf ihn und den Truck wartet.
Jung Seok und Min Jung machen sich, mitsamt Min Jungs Familie, auf zum Versteck der Miliz, wo Jung Seok und Min Jung es schaffen, sich in den Bereich der Einheit 631 einzuschleichen. Dort entkommen sie mit dem Truck, nachdem Chul Min im Kampf mit den Soldaten sein Leben lässt, um seinen Schwager zu retten. Jung Seok und Min Jung im Truck, sowie Joon, Yu Jin und ihr Großvater im anderen Wagen, liefern sich eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit Hwang und den Soldaten, bevor es im Hafen von Incheon zu einem letzten Showdown mit Seo und den Zombies kommt.
Zombies…? Fehlanzeige!

Seoul nach der Zombieapokalypse. Quelle: Splendid Film GmbH
Hat sich der Vorgänger Train To Busan noch damit beschäftigt, wie die Bewohner Südkoreas vor dem Zombievirus versuchen zu fliehen, sehen wir in Peninsula ein Südkorea vier Jahre nach dem Ausbruch des Virus. Alles liegt in Schutt und Asche und diejenigen, die überlebt haben, haben sich Verstecke gesucht, um sich vor den Zombies zu schützen.
Was bei Peninsula heraussticht ist der Fakt, dass die Zombies sehr in den Hintergrund gerückt werden und vielmehr das (un-)menschliche im Vordergrund steht. Zum einen haben wir Jung Seok, der sich mit Min Jung und ihrer Familie verbündet, um von der Halbinsel zu entkommen, und im Laufe der Handlung werden auf Seite der „Guten“ Opfer gebracht, um die anderen zu schützen.
Zum anderen sehen wir wie Hwang und andere der Einheit 631 sich einen Spaß daraus machen Überlebende als Gefangene zu nehmen und diese, im Stil der Gladiatorenkämpfe, in einem Käfig mit Zombies kämpfen lassen. Und obwohl Kapitän Seo als typischer „Gangsterboss“ dargestellt wird, der in der Gruppe Überlebender die Geschicke leitet, sind es Hwang und seine Milizsoldaten, die die eigentliche Macht auszuüben scheinen. Wobei auch erwähnt werden muss, dass die Hierarchie in der Gruppe nie ausführlich angesprochen wird und man bis auf Hwang, die Soldaten, Seo, Kim und die für die Kämpfe Gefangengen, die anderen Überlebenden nicht wirklich kennen lernt bzw. nicht erfährt, wie es ihnen in dieser Gesellschaft geht.
Gerade durch die Szenen im Lager der Einheit 631 wird deutlich, dass der Fokus des Films mehr auf den Menschen liegt, wodurch die Zombies fast in Vergessenheit geraten und im Prinzip nur dazu dienen, die Actionszenen voranzutreiben. Während die Zombies in Train To Busan noch die größte Gefahr für die Charaktere darstellten, so sind sie in Peninsula nur noch Wesen, die bei den Verfolgungsjagden umgefahren oder umgeschossen werden. Natürlich geht von ihnen immer noch eine gewisse Gefahr aus, da ein Biss einen Menschen in einen Zombie verwandelt, jedoch konzentriert sich Peninsula darauf, dass die größte Gefahr für den Menschen, der Mensch selbst ist.
Viel Action, aber auch viel CGI

Quelle: ARP Sélection
Die Highlights des Films sind vor allem die Verfolgungsjagden, wobei auch diese Schwächen aufweisen, was dem übermäßigen Einsatz von Computergrafiken geschuldet ist. Yeon erklärt den Einsatz von relativ viel CGI damit, dass eine Mischung aus CGI und Live-Action Drehs das Budget gesprengt hätte und so hat man sich von Anfang an für überwiegend CGI Drehs entschieden.
Auch wenn mit sehr viel CGI gearbeitet wurde, sind die Verfolgungsjagden dennoch spannend und für Fans von Actionfilmen ist Peninsula definitiv ein Augenschmaus.
Des Weiteren erklären die Hauptdarsteller Kang Dong Won, Lee Jung Hyun und Lee Re in einem Youtube-Interview, wie die Verfolgungsjagden gedreht wurden. Dafür mussten die Autos auf speziellen Vorrichtungen eingespannt werden, um vor dem Green Screen die Fahrtbewegungen zu simulieren. Auch erwähnt Lee Re, dass ihr die Erwachsenen am Set geholfen haben, die Bewegungen während der simulierten Autofahrt realistisch darzustellen, da sie selbst als Minderjährige noch keine Fahrpraxis hat.
Ein weiteres Highlight sind die zwei Schwestern Joon und Yu Jin, die von Lee Re und Lee Ye Won verkörpert werden. Die beiden bringen ein bisschen Witz in den Film, da ihre Methoden die Zombies abzulenken eher ausgefallen sind und einen durchaus zum Schmunzeln bringen. Auch sind beide sehr abgebrüht und man merkt, dass sie bereits vier Jahre lang in einer Welt leben, in der sie buchstäblich ums Überleben kämpfen müssen.
Mit Kang Dong Won und Lee Jung Hyun wartet der Film außerdem mit zwei Hochkarätern der südkoreanischen Entertainmentszene auf, die eine hervorragenden Perfomance abliefern.

Quelle: ARP Sélection
Kino in Zeiten von Corona
Wie Yeon im Hollywood Reporter Interview weiters erzählt, war es nicht seine Intention eine Geschichte über ein Zombievirus, und die daraus resultierenden Isolation der Überlebenden, inmitten einer Pandemie zu erzählen, aber das Konzept des Films entstand lange vor der Corona Pandemie.
Trotz der weltweiten Einschränkungen bezüglich Kinobesuche hat der Film, vor dem US-Release im August, bereits $34 Millionen (ca. 30 Millionen Euro) eingebracht, wobei Yeon nicht damit rechnet, dass der Erfolg vom Vorgänger Train To Busan ($140 Millionen – 120 Millionen Euro) übertroffen werden wird.
Peninsula kommt zwar inhaltlich und auch filmtechnisch nicht an den Vorgänger Train To Busan heran, gerade die Verfolgungsjagden und die Actionszenen laden aber dazu ein, sich den Film auf der großen Leinwand anzusehen.
Filmstart für Peninsula in den heimischen und deutschen Kinos ist der 8. Oktober 2020.
Deutscher Kinotrailer: