von Gastautorin Tabea Strohmaier
Korea und Asien im Allgemeinen faszinierten mich schon seit meiner Schulzeit und bereits vor meinem Schulabschluss wusste ich, dass ich mehr über die unterschiedlichen Kulturen und Sprachen der Region lernen wollte. So kam es, dass ich nach der Matura unter anderem Reisen nach Südkorea, Japan und Taiwan unternahm. Nach meinem Bachelorstudium der Japanologie in Wien, suchte ich eine Möglichkeit, mein Master Studium komplett in Korea zu absolvieren. Während dieser Suche stieß ich auf das GKS Stipendium und war überzeugt davon, dass es genau das richtige Programm für mich war. Ich bewarb mich dafür bei der Botschaft der Republik Korea in Wien im März 2016 und wurde für das Stipendium ausgewählt. Im August desselben Jahres machte ich mich auf den Weg nach Korea um mein 3-jähriges Abenteuer im Rahmen des Stipendiums zu beginnen, doch mein Abenteuer in Korea dauert bis heute an. Hier ein kurzer Erfahrungsbericht und Tipps zum Stipendium und Leben in Korea.

Kirschblüten am Campus der Yonsei Universtiät
Der Bewerbungsprozess:
Der Bewerbungsprozess kam mir zuerst endlos vor, aber im Endeffekt stand der Abflug nach Seoul doch schneller vor der Tür als gedacht. Leider ist dieser Teil meines Abenteuers schon etwas schwammig in meinen Erinnerungen, aber ich werde versuchen, alles so genau wie möglich wieder zu geben.
Nachdem ich alle meine Dokumente beisammen und meine Auswahl auf drei Universitäten eingeengt hatte, stand das Interview an der koreanischen Botschaft in Wien vor der Tür. Obwohl ich mich gut dafür vorbereitet hatte, war ich sehr nervös, doch dies stellte sich als unnötig heraus. Es erwarteten mich eine Dame und zwei Herren, welche mir zuerst auf Englisch und dann kurz auf Koreanisch eine handvoll an Fragen stellten. Alles in allem war es ein sehr entspanntes Gespräch. Einige Wochen nach dem Gespräch wurde mir mitgeteilt, dass ich die erste Runde bestanden hatte und es an der Zeit war meine Bewerbungen an die Universitäten zu verschicken. Ich hatte mich für Bewerbungen an der SNU, Ewha Universität und Yonsei Universität entschieden. Nach ein paar weiteren Wochen des Wartens bekam ich eine Gesprächseinladung von SNU sowie zwei Zusagen von Ewha und Yonsei. Das Interview mit einem Professor der SNU ist mir bis heute noch kristallklar im Gedächtnis. Dank der Zeitverschiebung nahm ich den Skype-Anruf um drei Uhr nachts entgegen. Der absolute Höhepunkt des Gespräches war, als ich gebeten wurde, das Thema und Ergebnis meiner Abschlussarbeit (ich habe meinen BA wie oben erwähnt in Japanologie absolviert) auf Japanisch zu erklären, um halb vier Uhr nachts. Ich hätte meinen Gesichtsausdruck zu dem Zeitpunkt wirklich gerne gesehen .

Campus der Yonsei Universität
Nachdem ich auch eine Zusage von SNU bekam, war es Zeit, mich für eine der drei Universitäten zu entscheiden und die letzten Vorbereitungen vor meiner Abreise zu beenden. Diese Entscheidung kam mir damals unmöglich vor und es hat mich eine gute Woche, mehrere Nervenzusammenbrüche und zahlreiche Gespräche mit derzeitigen und ehemaligen Studierenden der betroffenen Universitäten gekostet, um zu einer Entscheidung zu kommen. Im Endeffekt habe ich mich für die Yonsei Universität entschieden, da ich dort schon einen einmonatigen Sprachkurs absolviert hatte, mir die Gegend bekannt war und man neben dem Studium auch genug Zeit zum Erkunden des Landes zu haben schien.
Das Sprachjahr:
Bevor ich mein Hauptstudium an der Yonsei Universität antreten konnte, wurde ich zusammen mit einigen anderen Stipendiaten nach Daejeon zu einem einjährigen Sprachkurs geschickt. Falls man bereits gute Koreanischkenntnisse hat und gut bei dem ersten TOPIK Test abschneidet (mindestens Level 5) wird man frühzeitig zum Antritt des Hauptstudiums geschickt. Während dem Sprachkurs ist es üblich, mit den anderen Stipendiaten (und in manchen Universitäten auch koreanischen Studenten) in einer Universitätsunterkunft zu wohnen. In meinem Fall hieß das 12 wildfremde Mädchen in einer quasi Wohnung, mit einer handvoll winziger Zweierzimmern und Gemeinschaftsbadezimmer. Nachdem wir uns alle von dem ersten Kulturschock erholt hatten, wurden wir sehr schnell Freunde und hatten die lustigsten Tanz-, Film-, und Party-Abende. Einige dieser Mädchen zählen heute noch zu meinen engsten Vertrauten.

Bei einem Event unserer Sprachschule zum Hangul-Tag
Die Sprachschule organisierte Wochenendausflüge zu Apfelplantagen, zu einem Kimchi-Festival, zu Nami-Island und vielen anderen tollen Orten. Zusätzlich hatten wir einige tolle Projekte und Aufführungen am Uni-Campus. Es war definitiv nicht immer eine einfache Zeit, ich fühlte mich manchmal einsam und das Leben im Wohnheim hat mich an einige persönliche Grenzen gebracht, aber ich würde diesen Abschnitt meines Koreaaufenthalts um nichts in der Welt missen wollen.

Ausflug nach Nami-Island
Das Studium:
Da ich nach dem ersten Semester an der Sprachschule TOPIK Level 5 erreicht hatte, begann ich mein Masterstudium bereits im März 2017. Meine Fakultät heißt „GSIS“ (Graduate School of International Studies) und ich habe meinen Abschluss in Internationalem Management und Finanzen gemacht. Alle meine Kurse waren auf Englisch, dies ist eine Eigenheit aller GSIS in Korea.
Ich entschied mich für diese englischsprachige Fakultät, da ich der Meinung war dass es von Vorteil wäre, den Lernstoff und all die Fachbegriffe auf Englisch zu erlernen, da es bei der Jobsuche weltweit hilfreich ist. Ich gestaltete meinen Unterrichtsplan sehr divers, da es mein Ziel war, ein breitgefächertes Wissen über die Finanz- und Management-Welt zu erhalten. Ich besuchte Kurse über Accounting, Journalismus und Massenmedien, Verhandlungstheorien und Praxis, Wirtschaft, Aktienmärkte, M&A Strategien, und viele mehr. Viele meiner Professoren waren noch aktiv tätig in ihrem Spezialfeld und ermöglichten uns des Öfteren Ausflüge zu den Firmensitzen unserer Fallstudien, die Teilnahme an Seminaren und andere interessante Einblicke in die „echte Welt“.

Erste Anprobe unserer Yonsei Uni-Jacken
Abseits der Kurse war mein Uni-Leben auch sehr aufregend. Im ersten Semester bekam keiner von uns viel Schlaf, denn wir liefen von einer Willkommensfeier zu der nächsten und versuchten, so viele neue Leute wie möglich kennen zu lernen. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt bereits zwei längere Auslandsaufenthalte hinter mir hatte, war es überwältigend, so viele unterschiedliche Kulturen und Persönlichkeiten auf einmal zu treffen und ich habe immenses Wissen über Länder und Sitten aus der ganzen Welt aufgeschnappt. Nicht nur der Unterricht hat mir kulturelles und menschliches Feingefühl beigebracht, sondern auch der Umgang mit meinen Klassenkameraden und neuen Freunden außerhalb der Universitätsräume.
Als Mitte 2017 eine amerikanische Firma an unserer Fakultät nach geeigneten Studierenden zum Arbeiten bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang suchte, haben einige Freunde und ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und uns für ein Interview angemeldet. So kam es, dass ich nach einem halben Jahr Vorbereitungskursen Anfang 2018 in Pyeongchang bei den Olympischen Spielen VIP Klienten aus der ganzen Welt betreute und nebenbei auch noch Freundschaften fürs Leben gefunden habe.

Bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang
Nachdem in Korea wieder Normalität eingekehrt war, nahm ich meine letzten zwei Semester in Angriff. Ich begann mir Gedanken über mein Leben nach dem Studium zu machen und vor allem, ob ich nach dem Abschluss in Korea bleiben wollte. Die Jobsuche in Korea war definitiv kein Zuckerschlecken, und wenn man keine Arbeitserfahrung in Korea und anständige Koreanischkenntnisse hat, kann es recht schwer sein, potentielle Arbeitsgeber von seinen Fähigkeiten und Durchhaltevermögen zu überzeugen. Ich hatte Glück und wurde für eine Praktikumsstelle bei CJ Group angenommen. Mein Praktikum war recht kurz und knackig und nach sechs Wochen bereits wieder zu Ende, aber ich bekam das Angebot für einen einjährigen Vertrag und nahm es an. Das Ende meines Praktikums markierte auch den Abschluss meines Studiums.

Tag der Abschlusszeremonie
Arbeiten und Leben in Korea:
Seit meinem Abschluss an der Yonsei Universität arbeite ich bei CJ als „protocol advisor on global affairs“. Teil meiner Verantwortungen ist es, die Auslandsaufenthalte unseres Vorstandsvorsitzenden zu planen und vor Ort dafür zu sorgen, dass alles reibungslos abläuft (unter anderem, dass es keine sprachlichen und kulturellen Missverständnisse gibt). Obwohl es nicht immer einfach ist und die koreanische Arbeitskultur manchmal schwierig sein kann, habe ich in den letzten zwei Jahren mehr über Korea, und zugegebenen Maßen auch über mich selbst, gelernt als je zuvor. Ich möchte Jedem, dem es möglich ist, sehr empfehlen sich dieser Herausforderung zu stellen und in die koreanische Arbeitswelt einzutauchen – sei es auch nur für eine kurze Zeit.

Gruppenfoto während unseres Angestellten-Trainings in Jeju
Mein Fazit
Mein Leben in Korea hat meine Augen für neue Perspektiven geöffnet, mir meine eigenen Stärken und Schwächen aufgezeigt, und mir die Chance gegeben, an meinen Herausforderungen zu wachsen. Es hat mir auch vor Augen geführt, dass ein gutes Auffangnetz, sei es Freunde oder Familie, unbezahlbar ist, denn es ist nicht immer einfach, so weit von allem Gewohnten zu sein und sich alleine ein Leben aufzubauen.
Besonders am Anfang meiner Reise war es sehr beruhigend zu wissen, dass ich NIIED und unsere GKS Berater an den Universitäten hatte, um mir durch die anfänglichen Tumulte zu helfen. Aber auch nach meinem Abschluss hat mir die Tatsache ein GKS Stipendiat zu sein, mehrfach den Rücken gestärkt, sei es bei Visa Anträgen oder Bewerbungsgesprächen. Es ist außerdem ein guter Eisbrecher in Gesprächen. Ich treffe öfter als gedacht andere GKS Stipendiaten zufällig auf der Straße oder bei Veranstaltungen und es folgte bis jetzt, wenn nicht eine neue Freundschaft, zumindest ein sehr anregendes Gespräch.

Foto mit meinen „동기“ Kollegen an unserem letzten Trainingstag
Meine (Geheim-)Tipps an zukünftige Stipendiaten:
1. Während der Bewerbung:
- Lest euch alle offiziellen Quellen sorgfältig durch, meldet euch bei den KGSP/GKS Gruppen auf Facebook an und vernetzt euch mit derzeitigen und ehemaligen Stipendiaten. Zusätzlich gibt es mittlerweile auf YouTube einige sehr informative Videos bezüglich des Bewerbungsprozesses.
- Informiert euch im Detail über die Universitäten, an denen ihr euch bewerben wollt, sucht konkrete Kurse und Professoren heraus die euch ansprechen und erwähnt diese in eurem Cover Letter und Interview. Der Cover Letter sollte individuell auf die jeweilige Universität angepasst sein.
2. Vor der Ankunft in Korea:
- Falls ihr Anfänger in der koreanischen Sprache seid, versucht das Koreanische Alphabet vor Ankunft in Korea zu erlernen. Falls möglich auch andere Grundlagen (Grammatik, Vokabeln, etc.). Dies verhindert, dass ihr in die komplette Anfängergruppe der Sprachschule eingeteilt werdet, in der einige Zeit dazu verwendet wird, das Alphabet zu lernen. Je höher ihr einsteigen könnt desto mehr werdet ihr aus dem Jahr herausholen können.
3. Während des Sprachkurses:
- Sprechen, sprechen, sprechen! Sucht euch einen koreanischen Tandem-Partner und sprecht bis euch der Mund abfällt. Es ist wirklich wichtig, so früh wie möglich anzufangen, sich außerhalb des Klassenzimmers auf Koreanisch zu verständigen.
4. Während des Studiums / Vorbereitung auf das Arbeitsleben:
- Freundschaften schließen, neue Erfahrungen machen, Networking! Tretet einem Uni-Club bei, betreibt ein Hobbie außerhalb der Universität, nehmt an Tandem-Treffen teil, lasst euch von dem Universitäts-Karriereberater beraten, vernetzt euch mit den unterschiedlichsten Menschen bei Veranstaltungen (z.B. Österreicher Stammtisch, Wirtschaftskammer Events, Seminare etc.), stellt euch gut mit euren Professoren. Wie überall auf der Welt sind auch in Korea persönliche Kontakte das A und O. Je mehr Leute man kennt, desto wahrscheinlicher bekommt man nach dem Studium auch gute Jobangebote.
- Falls ihr nach dem Abschluss vorhabt, für eine gewisse Zeit in Korea zu arbeiten, absolviert mindestens ein relevantes Praktikum in Korea, entweder während dem Studium oder direkt danach. Ohne Arbeitserfahrung in Korea und entsprechenden koreanischen Sprachkenntnissen ist es oft schwer, am koreanischen Arbeitsmarkt (mit Ausnahme vielleicht als Sprachlehrer) als Ausländer zu überzeugen.
Bis zum 19. März habt ihr dieses Jahr noch Zeit, euch für das GKS Stipendium zu bewerben. Genauere Informationen dazu findet ihr hier: http://koreaonline.at/global-korea-scholarship-gks-program-for-graduate-degrees-2021/