Von Gastautorin Michelle Köpfle (Koreanologie-Studentin der Universität Wien)
Wusstet ihr, dass es in Korea keine offizielle Staatsreligion gibt? In Südkorea sind viele Religionen zahlreich vertreten, unter anderem auch der Buddhismus. Heute stellen wir euch vor, wie der größte Feiertag der buddhistischen Religion in Korea gefeiert wird.
Buddha’s Geburtstag wird in Korea nach dem Mondkalender berechnet und fällt auf den achten Tag des vierten Mondmonats eines Jahres. Heuer, im Jahr 2021, ist das der 19. Mai. Es handelt sich um einen staatlichen und sehr traditionellen Feiertag, der auch von Menschen, welche keine Anhängerinnen und Anhänger des Buddhismus sind, gerne gefeiert wird. Viele der Feste und Paraden finden bereits einige Tage vor dem Geburtstag Buddhas statt und feiern sozusagen auf den Geburtstag hin. Auf koreanisch heißt der Feiertag übrigens „Bucheonim Osinnal“ [부처님 오신 날,] was „der Tag, an dem Buddha kam“ bedeutet.
Buddhismus in Korea

Der Jogyesa-Tempel
Das koreanische Wort für Buddhismus ist „Bulgyo“. Der Buddhismus stammt aus Indien und fand seinen Weg nach Korea bereits in der Goguryeo-Zeit (37 v. Chr.-668 n. Chr.). Damals wurde der Glaube zur Staatsreligion und ist bis heute mit dem Christentum das häufigste Glaubensbekenntnis der Koreanerinnen und Koreaner. In der Joseon Dynastie (1392-1910), als der Konfuzianismus zur Staatsphilosophie wurde, ging die Ausübung aller Religionen in Korea zurück. Nichts desto trotz hatte und hat der Buddhismus einen großen Einfluss auf die koreanische Kultur. Zahlreiche Kunstformen, wie Literatur und Architektur, fanden ihre Wurzeln im Glauben Buddhas. Die Tempel stehen den Glaubensanhängerinnen und Anhängern für Meditation und Gebete zur Verfügung. Mönche und Nonnen können auch bezahlt werden, um für die Gesundheit anderer zu beten. So bitten viele Koreanerinnen und Koreaner vor den Universitätsaufnahmeprüfungen einen Mönch oder eine Nonne darum, den Erfolg ihrer Nahestehenden durch Gebete zu unterstützen.
Wer den Buddhismus und das Klosterleben in Korea selbst genauer kennenlernen möchte, hat die Möglichkeit an einem Tempel-Stay-Programm teilzunehmen. Viele westliche Besucherinnen und Besucher nutzen dieses Angebot, um in den Alltag der Mönche und Nonnen für ein paar Tage, meistens zwei Nächte, hineinzuschnuppern. Dieser kurze Aufenthalt bietet sich als tolle Chance, klösterliche Kost, Teezeremonien und Rituale kennenzulernen. Nicht nur Koreanerinnen und Koreaner, sondern auch ausländische Gäste können zudem auf Anfrage kostenlos gegen freiwillige Arbeit in einem Kloster leben. Für diejenigen, die aber lieber nur einen Tagestrip haben wollen, empfehlen sich Tempel mit Führungen auf Englisch.
So wird der Tag in Korea gefeiert
In Koreawurden im Laufe der Geschichte mehrere buddhistische Tempel und Klöster errichtet. Viele Koreanerinnen und Koreaner besuchen zu Buddha‘s Geburtstag einen dieser Tempel. Ein wichtiger Teil dieser Tempelbesuche ist das Anzünden einer Laterne, an welcher ein Zettel mit dem Namen und dem innigsten Wunsch der Person hängt. Die Laternen können auch gekauft werden, sind traditionell jedoch handgemacht. Die meisten Laternen haben die Form einer Lotusblüte und werden aufgrund dessen auch Lotuslaternen genannt. Die Lotusblüte steht in Korea für das Verschwinden von Ignoranz und die Entstehung von Weisheit. Wer also zu der Zeit von Buddha‘s Geburtstag einen koreanischen Tempel besucht, kann hunderte von hängenden Papierlaternen in ihrer Farbpracht bestaunen. Gegen einen kleinen Geldpreis kann jeder auf einen Zettel schreiben, der vom Tempelpersonal an eine Laterne gehängt wird. Das ist eine der Methoden des Tempels, um Geld zu verdienen. Um den Feiertag herum können bei unterschiedlichen Standorten in Seoul handgemachte Laternen in verschiedensten Formen, wie Tiger und Drachen, bewundert werden.

Buddha Statuen im Jogyesa Tempel
Der Jogyesa Tempel in Soul bietet an Buddha’s Geburtstag eine umfangreiche Ausstellung. Buddhistische Schulen aus der ganzen Welt stellen dort ihre Kulturen vor. Bei den kleinen Ständen kann man nicht nur die traditionellen Kunstformen der teilnehmenden Länder bewundern, sondern auch kleine Souvenirs kaufen. Alle Gäste tragen ihre traditionelle buddhistische Kleidung und schaffen so eine einzigartige Stimmung von Multikulturalität und Gemeinschaft. Beim Kulturfest selbst treten unzählige Künstlerinnen- und Künstler mit allem möglichen Talenten, von traditioneller koreanischer Musik bis zu Fächertänzen, auf.
Am Tag von Buddha’s Geburtstag selbst besuchen Koreanerinnen und Koreaner auch gern die Tempel, um dort zu essen. Die Speisen der koreanischen Tempel werden alle vegetarisch, also ohne Fleisch und Fisch, zubereitet. Auch Buddha selbst war ein Vegetarier. Viele Besucherinnen und Besucher gehen daher zu den Tempeln, um ein Bibimbap im Tempel-Style zu essen.
Wer im Mai am Han Fluss, welcher durch die Hauptstadt Seoul fließt, spaziert und sich wundert, weshalb Menschen Fische im Fluss freilassen: auch das ist eine alte Tradition der Feierlichkeiten Buddha’s Geburtstages. Das Ganze nennt sich Bangsaengjae. Hierbei werden Fische und Tiere, oft Schildkröten, freigelassen, um eine gute Tat als Kontrast zum Einsperren oder Töten zu symbolisieren.
Das Laternenfestival mit Parade
Das Highlight der Feiertage ist allerdings das Laternenfestival namens Yeondeungho, welches meist am Wochenende vor Buddha’s Geburtstag stattfindet. Das Fest hat sogar auf die Liste des UNESCO Weltkulturerbes geschafft. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Parade finden sich zuerst bei der Dongguk Universität, einer buddhistischen Universität in Seoul, zusammen und schauen sich gemeinsam Aufführungen und Zeremonien an. Am Abend beginnt dann die große Laternenparade durch Seoul. Von der Dongguk Universität bis zum Jogyesa Tempel können Besucherinnen und Besucher des Festivals die bunten Laternen und traditionellen Aufführungen bewundern. Von in Hanbok gekleideten Tänzerinnen und Tänzern, Mönchen und Nonnen bis zu Musikantinnen und Musikanten ist alles dabei, um die Parade zu einem unvergesslichen Erlebnis der koreanischen Kultur zu haben. Wer im Mai Korea besucht, sollte sich dieses Spektakel also auf keinen Fall entgehen lassen.
Die Yeondeungho Feierlichkeiten fanden heuer am 15. Mai statt und wurden erstmals live auf Youtube übertragen. Zur Zeremonie gehörte dieses Jahr auch die Anerkennung des Fests als Weltkulturerbe. Aufgrund der derzeitigen Covid-19 Situation wurde die Teilnehmeranzahl auf 90 Personen reduziert und weitere bedeutende Gäste nahmen über Zoom auf einer großen Leiwand teil. Auch die Laternenparade wurde klein gehalten. Trotz Frühlingsregen und einem kleinen Kreis an Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnten die bunten Laternenfiguren auch heuer wieder für viel Kultur und Staunen sorgen.

Das Lotus Laternenfest im Jahr 2013. Aufgrund der COVID-19 Pandemie konnte die Parade dieses Jahr nur im kleinen Kreise abgehalten werden.