Von Gastautor C. Karl Pratsch (Koreanologie-Student der Universität Wien)

Während der Fußball enorm unter den Einschränkungen der Covid-19-Pandemie leidet, trifft dies koreanische Fußballer in Österreichs Bundesliga nicht, denn aktuell gibt es keine Legionäre aus Korea.
Sieht man sich die diesjährige Legionärsliste der österreichischen Fußball-Bundesliga sowie der heimischen 2. Liga an, findet man zurzeit gerade einmal zwei koreanische Spieler im Kader eines österreichischen Profiklubs. Das Zentrum des koreanischen Fußballs in Österreich bildete am Beginn der Saison 2020/21 lediglich der Zweitligaverein FC Juniors OÖ aus Pasching. Mit Hong Hyun-seok und Oh In-pyo stehen beide Legionäre aus Korea im Kader der mit dem Traditionsverein LASK Linz eng verbundenen Mannschaft. Hong ist in Europa kein Unbekannter, sammelte der zentrale Mittelfeldspieler doch bereits Erfahrungen in der dritten Liga Deutschlands bei der SpVgg Unterhaching. Für den bayerischen Verein, der um die Jahrtausendwende noch Mitglied der 1. Bundesliga war, bestritt der 1999 geborene Hong sieben Spiele auf Ligaebene und zehn weitere im U-19-Team. Im Juli 2019 schloss er sich dann den Juniors aus Oberösterreich an.
Der zwei Jahre ältere Oh In-pyo wechselte bereits im Januar 2018 von Ulsan Hyundai nach Pasching. Ein halbes Jahr später wurde er von LASK Linz dann in die Bundesliga geholt, womit der junge Koreaner auch über Einsatzzeit in Österreichs Spitzenklasse verfügt. Für die Sungkyunkwan University lief er zudem bereits in seiner Heimat im prestigeträchtigen Korean FA Cup vier Mal auf. Insgesamt kam Oh als Ergänzungsspieler auf drei Einsätze für den Linzer Traditionsverein, bevor ihn seine Reise erneut zum FC Juniors OÖ führte. Bis zum Beginn der Saison 2020/21 absolvierte Oh 15 Spiele in Österreichs 2. Liga, wobei der rechte Mittelfeldspieler ein Tor erzielen konnte.
Internationale Transfers – nicht immer selbstverständlich
Dass man in diesen Tagen als Trainer einer Fußballmannschaft auf internationale Akteure zurückgreifen kann, war bis zum Jahr 1995 nicht derart selbstverständlich wie es heute der Fall ist. In dem Jahr stellte sich der Europäische Gerichtshof auf die Seite der Legionäre und entschied im berühmt berüchtigten Bosman-Urteil unter anderem, dass Restriktionen, die es Fußballvereinen verboten hatten, mehr als zwei Legionäre gleichzeitig im Kader zu beschäftigen, aufgehoben werden müssen. Dieses Urteil kam letztlich auf Betreiben des belgischen Fußballers Jean-Marc Bosman zustande, nachdem diesem ein ablösefreier Wechsel von der belgischen Mannschaft RFC Lüttich zu USL Dunkerque in der französischen Ligue 2 verwehrt wurde. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass bis 1995 keine nennenswerten koreanischen Engagements im österreichischen Fußball stattfanden.
Im Januar 2001 schließlich war es dann endlich soweit, dass auch die ersten koreanischen Legionäre ihren Weg in die Alpenrepublik fanden. LASK Linz bildete dabei schon damals die erste Adresse und so fanden sich mit dem Nationalspieler Choi Seong-yong sowie seinem Kollegen Kang Chul die ersten beiden Koreaner im Kader eines Bundesligisten wieder. Da LASK Linz am Ende der Saison 2000/01 in die Zweitklassigkeit abstieg, kam Choi, der seit 2013 Trainer des koreanischen Klubs Suwon Samsung Bluewings ist, neben einigen Einsätzen in der Bundesliga auch auf Einsatzzeiten in Österreichs 2. Liga. Kang Chul hingegen hatte zu diesem Zeitpunkt den Verein bereits wieder in Richtung Chunnam Dragons verlassen, wo er in seiner Heimat noch bis ins Jahr 2005 aktiv blieb und dann seine Karriere beendete.

Choi Seong-yong, einer der ersten koreanischen Fußballspieler in Österreich, ist seit 2013 Cheftrainer von Suwon Samsung Bluewings. Zwei Vizemeistertitel konnte er in dieser Zeit seinem Verein sichern. (Foto: ⓒ블루포토 홍준기)
2005 war auch das Jahr indem mit Seo Jeong-won erneut ein koreanischer Nationalspieler nach Österreich wechselte. Seo, der sich dem damaligen Klub Wüstenrot Salzburg anschloss war in Europa schon zuvor aufgelaufen, denn er spielte bereits bei Racing Strasbourg in der höchsten Spielklasse Frankreichs. Auch in Österreich sollte eine durchaus erfolgreiche Zeit auf Seo warten. Der Spieler blieb österreichischen Vereinen für mehr als drei Jahre verbunden. Bei Salzburg blieb Seo ein halbes Jahr bevor er sich der SV Ried für zwei Jahre anschloss. Nach einer kurzen vereinslosen Zeit, begann Seo im Januar 2008 noch ein Engagement beim FC Blau-Weiß Linz. Dort beendete er auch seine Karriere im Sommer desselben Jahres. In der österreichischen Bundesliga kam Seo insgesamt 67 Mal zum Einsatz, wobei er elf Tore erzielen konnte.
Ab dem Sommer 2006 erhielt Seo zudem Gesellschaft von zwei weiteren Koreanern, die es in die österreichische Fußball-Bundesliga verschlug. Mit No Byung-jun und Hong Soon-hak heuerten diese beim Grazer AK (GAK) an. Beide Spieler kamen jedoch selten zum Einsatz und wechselten bald darauf wieder zurück in die koreanische Liga.
Der SV Kapfenberg als einstiges koreanisches Zentrum der 2. Liga
Kapfenberg ist eine im Herzen der Steiermark liegende Stadt mit mehr als 22.000 Einwohnern. Der Fangemeinde mag vielleicht noch die Zeit des Vereins in der höchsten Spielklasse zwischen 2008 und 2012 in Erinnerung sein. Nachdem der SV Kapfenberg im Jahr 2012 aus der Bundesliga abgestiegen war, musste man sich notgedrungen erst einmal in der 2. Liga festsetzen. Kapfenberg engagierte schon in der Bundesliga-Ära auf internationale Spieler wie die Brasilianer Gerson und Nathan Júnior oder den Spanier nigerianischer Herkunft, Haruna Babangida. Im Jahr 2014 entschloss man sich im Franz-Fekete-Stadion zudem junge Koreaner, welche bereits die Jugendakademie des Vereins besucht hatten, in die Kampfmannschaft der 2. Liga hochzuziehen. Diese waren die Spieler Kim Seon-bin und Kang Hyeon. Beiden blieb jedoch die große Karriere versagt. Sie kamen, primär als Perspektivspieler verstanden, nur ein einziges Mal in der 2. Liga Österreichs zum Einsatz, bevor sie den Verein wieder verließen. Mit Lee Seung-won und Son Won-gil standen bei Kapfenberg bis 2016 noch zwei weitere koreanische Akademiespieler im Kader. Während Son bei den Steirern drei Mal zum Einsatz kam, lief Lee nie für Kapfenberg auf. Danach wechselte er in die 2. Mannschaft des Hamburger Traditionsvereins FC St. Pauli, wo der defensive Mittelfeldspieler in 100 Partien in Deutschlands vierter Liga 8 Tore erzielen konnte. Mittlerweile spielt Lee in Nordrhein-Westfalen beim SV Rödinghausen, ebenfalls in der Regionalliga West. Son hingegen verschlug es im Juli 2016 nach England an die Buckswood Football Academy, bevor er sich im Juli 2020 erneut nach Österreich begab und sich dem ATSV Stadl-Paura in der Regionalliga Mitte anschloss. Seit einer Kooperation mit der koreanischen Fastfoodkette Goobne, stehen im aktuellen Kader des oberösterreichischen Drittligisten zehn koreanische Spieler.
Ansonsten blieben historische Engagements von Koreanern in der 2. Liga auf die Spieler Kim Jae-uh und Kim Jung-min beschränkt. Kim Jae-uh kam im Zuge der Zusammenarbeit zur Förderung ostasiatischer Spieler mit Honda Keisuke zum SV Horn und konnte mit dem Verein die Regionalliga Ost gewinnen. Danach wechselte er zurück nach Korea zum Zweitligaverein Bucheon FC. Kim Jung-min hingegen ließ sich im Januar 2018 beim FC Liefering, dem Farmteam von Ligakönig Red Bull Salzburg, nieder und konnte sich dort relativ rasch als Stammspieler etablieren. Anfang 2020 wurde er an den FC Admira Wacker Mödling verliehen, bevor Kim Österreich in Richtung des viermaligen portugiesischen Meisters Vitória Guimarães SC verließ.

Hwang Hee-chan (links), der bisher erfolgreichste koreanische Fußballer in Österreich, zusammen mit seinen Nationalmannschaftskollegen.
Nachdem Seo Jeong-won 2007 die SV Ried verließ, mussten sich Fußballfans in Österreich bis zum 6. Dezember 2015 gedulden, bis erneut ein koreanischer Fußballer in der Bundesliga auflief. Hwang Hee-chan war es, der der österreichischen Bundesliga entschieden seinen Stempel aufdrückte. Im Januar 2015 wechselte der 1996 in Chuncheon geborene Fußballer aus der Jugend der Pohang Steelers zum FC Liefering, welcher in einer engen Kooperation mit Red Bull Salzburg steht. Für Liefering erzielte der Mittelstürmer Hwang in 31 Partien der 2. Liga 13 Treffer. Kein Wunder also, dass man daraufhin in den Zentralen der Mozartstädter schnell auf den jungen Koreaner aufmerksam wurde. Für Red Bull Salzburg, zu denen Hwang bald wechselte, konnte er in 86 Bundesligapartien 28 Mal einnetzen und bestritt dabei auch zahlreiche internationale Spiele in der Champions und Europa League. Vier Meistertitel und drei ÖFB-Cup-Siege feierte Hwang gemeinsam mit Red Bull Salzburg und avancierte in dieser Zeit auch zum koreanischen Nationalspieler. Mit seinem Heimatland und gemeinsam mit Tottenhams Star Son Heung-min nahm er ebenso an der Weltmeisterschaft in Russland 2018 teil. In insgesamt 126 Partien für Salzburg erzielte Hwang ganze 45 Treffer. In der Saison 2018/19 wurde er in die 2. Deutsche Bundesliga zum Hamburger SV und damit an Son Heung-mins alte Wirkungsstätte verliehen, wo er jedoch nur zwei Tore in 20 Ligaspielen erzielen konnte. Am 15. Juli 2020 endete Hwangs überaus erfolgreiche Zeit in Österreich endgültig, als man ihn an den deutschen Vizemeister von 2017, RB Leipzig um 9 Millionen Euro weitergab – mit RasenBallsport Leipzig, welches sich in nur wenigen Jahren vom Fünftligisten zum Bundesliga-Krösus verwandelte, ist Red Bull Salzburg intern ebenfalls eng verbunden.
In seiner Zeit bei Salzburg war Hwang nicht der einzige Koreaner in Österreichs Bundesliga. Von August 2017 bis Juni 2018 stand im Kader des FK Austria Wien Lee Jin-hyun, welcher von den Pohang Steelers für eine Saison von den Wienern ausgeliehen wurde.

Hwang Hee-chans Trikot im Nationalteam mit einer Grußnachricht an österreichische Fußballfans und Autogramm.
Von Österreich nach Korea
Dass man auch den umgekehrten Weg, als österreichischer Spieler in die K League 1, gehen kann bewies Richard Windbichler im Januar 2017. Zu diesem Zeitpunkt wechselte der in Österreich beim FC Admira Wacker Mödling und FK Austria Wien aktive Wiener mit 138-facher Bundesliga-Erfahrung zu Ulsan Hyundai. Mit dem Verein konnte Windbichler noch 2017 den koreanischen Cup gewinnen und erzielte als Innenverteidiger zwei Tore in insgesamt 49 Einsätzen. Zum Beginn des Jahres 2019 verließ Windbichler den Klub im Südosten Koreas und schloss sich bald darauf für kurze Zeit dem dänischen Klub Viborg FF an. Seit Juli 2019 ist Windbichler weiterhin fernab der Heimat in der australischen A-League für Melbourne City FC aktiv. Wäre Windbichler bereits in der österreichischen Nationalmannschaft zum Einsatz gekommen, hätte er jedoch auch nicht mit dieser auf die koreanische Auswahl treffen können. Ein Spiel gegen die Taegeuk Warriors und deren als Bulgeun Angma (Rote Teufel) bekannte Fans ist in der österreichischen Nationalmannschaftsgeschichte bisher ausgeblieben, wäre aber in der Zukunft mehr als wünschenswert.

Koreanische Fußballfans während der Fußball WM 2014 in Brasilien