Younee ist eine koreanische Pianistin, Sängerin und Komponistin, die seit 2013 in Deutschland lebt. Bereits mit 5 Jahren begann sie, Klavier zu spielen und eigene kleine Melodien zu erfinden. Sie machte ihren Bachelor im klassischen Piano an der renommierten Yonsei University in Seoul. Bevor Younee ihre Heimat verließ um sich in England und Europa weiter entwickeln zu können, avancierte sie als Singer-Songwriter und Komponistin in Korea bereits zum Star. Ihre beiden ersten deutschen Alben „Jugendstil“ und „My Piano“ stürmten die Bestseller-Charts bis auf Platz 1. und Younee erschuf ihren eigenen Stil, den die Medien als „Free Classic and Jazz“ bezeichneten. Sie ist bekannt für ihre Improvisationen und spontanen Kompositionen bei ihren Live-Auftritten. Seit einiger Zeit veranstaltet sie in regelmäßigen Abständen den sogenannten „YOUNEE’s Piano Salon“ als Live-Stream auf Facebook und YouTube, um auch in Zeiten von COVID-19 kmit ihren Fans in Verbindung zu bleiben. Am 4. März spielte sie im Zuge dessen auch ein Stück aus „Die Braut von Korea“. Wir haben mit Younee im Interview über ihre Inspirationen, Online-Konzerte und Zukunftspläne gesprochen.
Sie verbinden oft die Grenzen zwischen Musikgenres wie Klassik, Pop und Jazz. Was hat Sie zu diesem Stil geführt und was inspiriert Ihre Musik?
Das war ein Prozess, der nicht absichtlich oder bewusst von mir gemacht wurde, sondern sich natürlich entwickelt hat. Schon in der Schulzeit habe ich klassische Musik studiert und klassische Musik ist sozusagen meine musikalische Heimat, aber schon damals als Kind wollte ich meine eigene Musik kreieren und meinen eigenen Stil finden. Daher habe ich in viele verschiedene Musikrichtungen gearbeitet Während meiner Studienzeit habe ich tagsüber Chopin oder Beethoven gespielt und in der Nacht in einem Tonstudio mit Rocksängern oder anderen Künstler*innen gearbeitet. Ich habe zu der Zeit für andere Sänger*innen Musik geschrieben, aber auch ein eigenes Popalbum veröffentlicht, für für K-Dramen Musik komponiert oder mit traditionellen koreanischen Musiker*innen musiziert. Danach bin ich nach England gegangen und habe dort mit Jazzgrössen wie Gary Husband, Nigel Hitchcock, Richard Cottle und Derek Watkins mein englischsprachiges Jazz-Pop-Crossover Album produziert. Damals waren K-Pop und Hallyu noch nicht so groß und bekannt wie heute. Ich wollte wissen, ob ich auch als Koreanerin mit englischsprachiger Musik im Westen Erfolg haben könnte und es stellte sich heraus, dass das funktioniert. Selbst der britische Sender BBC hat meine Konzerte übertragen und das hat mich sehr ermutigt.
All diese Erfahrungen sind in mir und das was ich jetzt mache, ist das natürliche Ergebnis dieser Entwicklung. Die Menschen teilen gerne alles in Kategorien ein, aber jeder Musikstil hat meiner Meinung nach die gleiche Wurzel, unabhängig vom Genre. Musik ist für mich immer nur Musik. Viele Musikrichtungen haben dieselben Elemente. Zum Beispiel kann man in Bachs Werken auch Swing-Elemente finden.
Was Inspirationen betrifft, so inspiriert mich eigentlich alles um mich herum, zum Beispiel einfache Geschichten aus meinem Alltag: Die Nachrichten im Fernsehen, das Vogelgezwitscher im Garten… Alles, was ich im Alltag sehe, versuche ich mit der Lupe zu beobachten und all das lässt mich Musik schreiben.
Wie kam es dazu, dass Sie nach Deutschland gekommen sind?
Als ich in England meine Tournee machte, haben damals auch deutsche Plattenfirmen mein Konzert gesehen. Einige haben mich kontaktiert, um auch in Deutschland meine Musik zu produzieren. Und immerhin ist Deutschland die Heimat der klassischen Musik, die auch meine Heimat ist. Ich denke dass die Deutschen und Europäer sehr offen für Neues sind und eine hohe Wertschätzung für Kunst haben. Deshalb habe ich mich entschieden, dass ich hier meine Musik mache. Dazu lerne ich auch seit mehr als sechs Jahren Deutsch. Bisher wurden in Deutschland zwei Alben veröffentlicht und ich habe hier viele Konzerte gespielt. In Österreich hatte ich bisher noch keine Auftritte, aber ich hoffe, dass sich dies nach der Corona-Krise ändert!
Welche Unterschiede empfinden Sie als Musikerin in Europa und in Korea?
Wie zuvor schon erwähnt, denke ich, dass man in Europa die Kultur sehr wertschätzt und auch Newcomern und Independent Artists eine Bühne gibt. Der Grund, dass ich in Deutschland meine Musik mache ist, dass ich hier meine künstlerischen Freiheiten von der Plattenfirma garantiert bekomme. Ich brauche keine Kompromisse zu machen oder kommerziell zu arbeiten. Zudem ist Europa meiner Meinung nach internationaler und die Musik auch innerhalb eines Landes mehrsprachiger. In Korea hören die meisten Menschen hauptsächlich koreanisch-sprachige Musik. Bei Konzerten in Europa habe ich bisher erst zwei Mal auf Koreanisch gesungen, aber es war interessant zu sehen, dass die Deutschen diese Sprache ganz anders wahrnehmen als ich und sie sehr spannend finden.
Seit dem Ausbruch der Covid-19 Pandemie haben sie auch öfters kleine Konzerte live über Ihren Facebook-Kanal gegeben. Wie sind diese Online-Auftritte für Sie als Künstlerin?
Online-Streams sind natürlich nicht optimal und keine richtige Alternative zu Live-Konzerten. Aber in dieser Pandemie, die niemand erwartet hatte, ist es ein neuer Weg für mich, mit Fans zu kommunizieren. Obwohl ich die Zuschauer vermisse, habe ich beim Spielen trotzdem das Gefühl, im gleichen Raum zu sein. Eine spannende neue Sache ist, dass Zuseher beim Stream in Echtzeit kommentieren und mir Vorschläge machen können. Diese improvisiere ich dann, komponiere in Echtzeit ein neues Stück, dass durch diesen Livestream geboren wird und sonst nicht existiert hätte. Viele Leute geben mir dazu interessante Titel und Vorschläge oder stellen mir Fragen, was bei einem normalen Konzert so nicht funktioniert.
Ich denke, so können wir durch unsere gemeinsame Liebe zur Musik die Pandemie kurz ausblenden und die Musik genießen. Deshalb mache ich den Piano Salon regelmäßig auf Facebook und YouTube, zurzeit alle zwei Wochen. Manchmal gibt es technische Probleme, aber wir haben es mittlerweile geschafft, eine gute Klangqualität hinzubekommen. Die neuen Möglichkeiten machen mich neugierig auf die Zukunft der Musikbranche.
In Ihrem Piano Salon am 4. März haben Sie auch ein Stück aus dem Ballett „Die Braut von Korea“ gespielt. Wie war das für Sie und was denken Sie über das Ballett und seine historischen Hintergründe?
Ich war sehr glücklich, dass ich so ein wiederentdecktes Stück präsentieren durfte. Ich wurde bereits letztes Jahr bezüglich des Stücks kontaktiert, aber es hat jetzt einige Zeit gedauert, bis es einen geeigneten Anlass gab, es zu spielen. Das Thema des Piano Salons vom 4. März war „Me, myself and Korea“, wo ich auch über Korea sprechen und eben dieses Stück aus Österreich und seine Hintergründe vorstellen konnte. Ich freue mich immer, wenn ich koreanische Kultur und Geschichte den Menschen näherbringen kann. Das Stück hat mich zudem inspiriert, es als neues Werk zu improvisieren. Es ist ja auch eine kleine Sensation, denn das Ballett war lange in Vergessenheit. Der Name „Die Braut von Korea“,die koreanischen Kostüme und Bräuche, die im Ballett dargestellt wurden, das ist schon etwas Besonderes. Viele Zuseher fanden die Geschichte dazu spannend und haben mir Kommentare geschrieben. Ich glaube, dass viele Leute Interesse an Korea haben, aber das Wissen über das Land noch nicht sehr groß ist. Besonders oft wurden asiatische Repräsentationen in klassischen Werken meist standardmäßig anhand von japanischen oder chinesischen Elementen dargestellt. Die Kunst ist ein sehr gutes Medium, um meine Heimat besser kennen zu lernen. Die Musik im Stück ist im Stil des Wiener Walzers, denn damalige Komponisten schrieben ihre Musik zumeist ohne asiatische Einflüsse. Deshalb habe ich versucht, in meine Improvisation koreanische Elemente einfließen zu lassen. Ich würde mich freuen, wenn das Werk wieder auf die Bühne gebracht werden kann.
Mit was können wir dieses Jahr von Ihnen rechnen?
Mein letztes Konzert fand im März 2020 kurz vor der Pandemie in der Elbphilharmonie in Hamburg statt und es mussten danach leider viele Konzerte abgesagt oder verschoben werden. Es ist zurzeit sehr schwierig, Veranstaltungen zu planen, aber es sind Konzerte in Stuttgart, Berlin, Bremen und weiteren Orten in Vorbereitung, ohne dass es jetzt schon konkrete Termine dafür gibt. Darüberhinaus plane ich, im Herbst ein Live-Album zu veröffentlichen, dass viele neue Stücke und Improvisationen von vergangenen Konzerten enthält. Und natürlich möchte ich mein Online-Konzerte „YOUNEE’s Piano Salon“ weiterführen.
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