
Der 4. Juli markiert den ersten Jahrestag der Einführung von Exportbeschränkungen für drei Schlüsselmaterialien nach Korea durch Japan. Trotz anfänglicher Sorgen hat Korea diese potenzielle Krise zu einer Chance gemacht. Das Bild zeigt Präsident Moon Jae-in am 10. Oktober letzten Jahres bei einer Besichtigung der Display-Fabrik von Samsung Electronics in Asan, Provinz Chungcheongnam-do.
Von Xu Aiying und Elena Kubitzki | Fotos: Yonhap News
SK Materials begann am 17. Juni mit der Massenproduktion von 99,999 % reinem Fluorwasserstoffgas in seinen Werken in Yeongju, Provinz Gyeongsanbuk-do. Dies war das erste Mal, dass Korea die Produktion dieses Materials lokalisierte, da das Land zuvor vollständig von Lieferanten aus dem Ausland abhängig war.
Dieser Meilenstein ist besonders von Bedeutung, da Korea vor einem Jahr begann, an seiner technologischen Unabhängigkeit zu arbeiten. Grund dafür war, dass Japan beschlossen hatte, die Ausfuhr von drei Schlüsselmaterialien nach Korea zu beschränken.
Der 4. Juli markiert den ersten Jahrestag der Einführung von Exportbeschränkungen für Korea für Fluorwasserstoff, Fotolack und fluorierte Polyimide durch Japan. Die koreanische Halbleiter- und Displayindustrie importierte bis zu dem Zeitpunkt 90 % dieser Materialien aus Japan.
Nachdem die Sanktionen angekündigt worden waren, gab es zunächst Befürchtungen, dass große Unternehmen wie Samsung Electronics, SK Hynix und LG Display starke Verluste erleiden würden. Im Gegenteil bauten sie aber eine Verteidigung auf. Der Erfolg der Nation bei der Lokalisierung der Produktion wichtiger Materialien, Teile und Ausrüstungen und der Erlangung der Eigenständigkeit in der Lieferkette hat die Regierung veranlasst, die Sanktionen im Nachhinein als Segen zu bezeichnen.
Japans Exportbeschränkungen hatten sogar einen Bumerang-Effekt auf bestimmte japanische Unternehmen und versetzten den ehemaligen Lieferanten der relevanten Materialien einen schweren Schlag.
Lokalisierung stärkt die Eigenständigkeit
Laut einem Bericht der Korea International Trade Association (KITA) vom 1. Juli über die Importtrends für die drei eingeschränkten Stoffe und strategischen Materialien, die weniger von japanischen Lieferanten abhängig sind, erlitt Korea geringfügige Rückschläge bei Angebot und Nachfrage der eingeschränkten Materialien.
Von Juli letzten Jahres bis Mai dieses Jahres sank die Abhängigkeit des Landes von Importen für Fluorwasserstoff und Fotolack zur Herstellung von Halbleitern gegenüber dem Vorjahr um 33 bzw. 6 Prozentpunkte. Die Importe über den Zeitraum von 11 Monaten wurden aus Ländern wie Taiwan, China und Belgien bezogen, während die Verwendung von im Inland hergestellten Materialien ausgeweitet wurde.
Seit Oktober letzten Jahres stellt LG Display seinen gesamten flüssigen Fluorwasserstoff, der zur Herstellung von Anzeigetafeln verwendet wird, in Korea her. SK Materials hat 40 Mrd. KRW in die Produktion von 500.000 Gallonen Fotolack pro Jahr investiert.
Das Land begann auch mit der lokalisierten Produktion von fluoriertem Polyimid, aus dem faltbare Smartphones hergestellt werden. Im vergangenen Jahr hat Kolon Industries in Gumi, Provinz Gyeongsangbuk-do, eine Fabrik eröffnet, um mit der heimischen Produktion dieses Materials zu beginnen. Auch SKC richtete eine Anlage in Jincheon, Provinz Chungcheongbuk-do, ein und begann mit Tests mit einem Produktionsziel von einer Million m² pro Jahr.
Koreas Abhängigkeit von Japan für fluoriertes Polyimid liegt weiterhin bei 90 %, aber die Lokalisierungsbemühungen begannen lange vor Beginn der Exportbeschränkungen. Daher waren in diesem Zeitraum keine unmittelbaren Rückschläge bei Angebot und Nachfrage zu verzeichnen.
Präsident Moon Jae-in hielt am 29. Juni eine Kabinettssitzung zum ersten Jahrestag der japanischen Handelssanktionen gegen Korea ab. „Wir haben den provokativen Maßnahmen Japans unerschütterlich standgehalten und sie in eine Chance verwandelt“, sagte er.

Ein Jahr nach Japans Verhängung von Handelssanktionen gegen Korea sind Schilder mit der Aufschrift „Japan boykottieren“ in Geschäften und anderen Veranstaltungsorten im ganzen Land verbreitet.
Bumerang-Effekt bei japanischen Unternehmen
Ironischerweise haben Japans Sanktionen gegen Korea der Automobil- und Spirituosenindustrie des Landes einen schweren Schlag versetzt, da koreanische Verbraucher landesweit begannen, japanische Produkte zu boykottieren. Die Korea Automobile Importers & Distributors Association gab bekannt, dass der Absatz japanischer Autos von Januar bis Mai dieses Jahres 7.308 Einheiten erreichte, was einem Rückgang von 62,6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.
Nissan kündigte außerdem an, im Dezember aus dem koreanischen Markt auszusteigen. Da das Unternehmen neben Toyota und Honda einer der drei größten japanischen Autohersteller ist, war diese Entscheidung ein großer Schock für Koreas Importautomarkt.
Japanisches Bier, einst ein stabiler Verkaufsschlager in Korea, ist aus der führenden Rangliste verschwunden. Der koreanische Zolldienst gab bekannt, dass die Importe solcher Biere in den ersten fünf Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 91 % zurückgegangen seien.
Auch japanische Medien berichten, dass die Exportbeschränkungen ihrer Regierung den japanischen Unternehmen mehr geschadet hatten als den koreanischen.
Am 2. Juli veröffentlichte die japanische Zeitung Nishinippon Shimbun einen Artikel zum einjährigen Jubiläum der Sanktionen mit der Überschrift „Korea beschleunigt die Abkapselung von Japan durch Lokalisierung und Boykott“.
„Der Boykott japanischer Waren wirft einen Schatten auf japanische Unternehmen“, heißt es weiter. Obwohl die japanische Regierung dies bestreite, hatte die koreanische Öffentlichkeit die Exportbeschränkungen als wirtschaftliche Vergeltung für das Urteil (des Obersten Gerichtshofs von Korea) zu koreanischen Zwangsarbeitern in Japan bewertet. So hatte sich der Boykott von japanischem Bier und japanischen Autos entwickelt, der zu großen Verlusten führte, so die Zeitung.
Eine andere japanische Zeitung, die Asahi Shimbun, veröffentlichte am selben Tag den Artikel „Exportbeschränkungen für Korea, ein Jahr ohne Gewinner: Japanische Unternehmen erleiden Verluste, Kosten steigen für Korea auf dem Weg zur Selbstständigkeit.“
Obwohl anfangs der Glaube bestand, die Exportbeschränkungen würden der koreanischen Halbleiterindustrie einen Schlag versetzen, nutzte Seoul die Gelegenheit, um sich von seiner starken Abhängigkeit von Japan für Materialien und Teile zu lösen, heißt es in dem Bericht. Dies hatte zu einem Kampf ohne Gewinner geführt, in dem Unternehmen beider Länder von der Politik beeinflusst wurden.
Die koreanische Regierung und die koreanischen Unternehmen haben sich gut an die Handelsbeschränkungen angepasst, aber ein Experte rät zur Vorbereitung auf weitere Sanktionen aus Japan.
„Da unsere Unternehmen und unsere Regierung zusammenarbeiten, um die Produktion von Schlüsselmaterialien zu lokalisieren und unsere Importe zu diversifizieren, gab es keine Rückschläge bei Angebot und Nachfrage, wie sie von der japanischen Seite angestrebt wurden“, erklärte der KITA-Forscher Hong Ji-sang.
Angesichts der bei der Welthandelsorganisation eingereichten koreanischen Beschwerde und der Liquidation von Vermögenswerten japanischer Unternehmen durch die japanische Regierung, die wegen Kriegsverbrechen für schuldig befunden wurden, bestehe die Möglichkeit weiterer Exportbeschränkungen, so Hong. Korea sollte daher auf Unsicherheiten in der Lieferkette vorbereitet sein.
xuaiy@korea.kr